Daten - Information - Wissen

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helAm stärksten ausdifferenziert findet sich das Konzept der aufeinander aufbauenden Begriffe „Daten”, „Information” und „Wissen” in der Wissenstreppe von Klaus North.1 Hier werden aus Zeichen durch vorgegebene Ordnungssysteme (z.B. Code, Syntax) Daten, die, wenn man sie in einen Kontext stellt, Informationen sind. Diese Informationen sind aber für den, der sie liest oder bekommt, nur dann interpretierbar, wenn er sie in seinen eigenen Erfahrungskontext einbinden, mit anderen Informationen vernetzen und so aus den Informationen Wissen generieren kann. North führt als Definition für Wissen die Definition von Probst ein:

"Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden. Es wird von Individuen konstruiert und repräsentiert deren Erwartungen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge."2

Wissenstreppe Die Wissenstreppe (North 2005, S. 32)

North führt sein Konzept aber über den Wissensbegriff hinaus und sagt: „Wissen ist eigentlich nur dann relevant, wenn man es anwenden kann, wenn aus dem „Wissen Was” ein „Wissen Wie [Können]“ wird“. Wissen manifestiert sich darüber hinaus erst, wenn es in Handlung umgesetzt wird. Erst dann wird der Umgang einer Person, einer Gruppe oder einer Organisation mit Wissen sichtbar. Wenn dieses Handeln dann zu richtigen/guten Ergebnissen führt, kann man von Kompetenz im Umgang mit Wissen sprechen, und wenn diese Kompetenz oder Kompetenzen wiederum eine Person, eine Gruppe oder eine Organisation auszeichnen, so dass sie besser als andere ist, hat diese Organisation einen Wettbewerbsvorteil durch den Umgang mit ihrem Wissen. Man sieht aber hier ganz klar, dass die Wissenstreppe von North eigentlich zweigeteilt ist. Erst werden die Begriffe „Daten”, „Information” und „Wissen” aufeinander aufbauend eingeführt, dann werden verschiedene Stufen hinzugefügt, die einen „qualitativ” aufeinander aufbauenden Umgang mit Wissen vorgeben.

Die folgende Arbeitsdefinition von Davenport und Prusak überschneidet sich zum Teil mit dem Ansatz von North, bringt aber einen wesentlichen und auch spannenden Aspekt ein. Auch hier findet sich eine aufeinander aufbauende Begriffsdefinition, in der an erster Stelle Daten stehen: „Daten kennzeichnen einzelne objektive Fakten zu Ereignissen oder Vorgängen. Im Unternehmenskontext sind Daten am sinnvollsten zu beschreiben als strukturierte Aufzeichnungen von Transaktionen. [...] Daten als solche besitzen kaum Bedeutung oder Zweck. [...] Dennoch sind Daten für Organisationen wichtig - vor allem deshalb, weil sie das entscheidende Rohmaterial zur Schaffung von Informationen bereitstellen.”3

Aus dem Rohmaterial Daten werden also Informationen generiert. Diese sind charakterisiert als: „Nachricht [...], die gewöhnlich schriftlich dokumentiert oder akustisch beziehungsweise visuell kommuniziert wird. Wie alle Nachrichten haben Informationen einen Sender und einen Empfänger. Informationen sollen die Wahrnehmung des Empfängers in Bezug auf einen Sachverhalt verändern und sich auf seine Beurteilung und sein Verhalten auswirken. Eine Nachricht muss informieren - bei einer Nachricht geht es um Daten, die etwas bewirken. [...] Aus Daten werden Informationen, wenn der Sender den Daten einen Bedeutungsgehalt hinzufügt. [...]”4 Informationen sind hier also schriftlich, akustisch und/oder visuell festgehaltene Daten. Wobei es jemanden gibt, der die Daten aufzeichnet, also „zu Information macht” (Sender), und jemanden, der diese Informationen erhält (Empfänger), und sie erst zu Information werden, wenn der Empfänger mit den Daten etwas anfangen kann, d.h. sie für ihn Bedeutung haben. An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch Nichtwissen eine Form von Wissen ist, was bedeuten würde, dass auch Informationen, die der Empfänger nicht interpretieren kann, für ihn eine Bedeutung haben. Nämlich eben die, dass er damit nichts anfangen kann, was ja auch wieder verschiedene Gründe haben kann.

Davenport und Prusak führen weiters fünf Möglichkeiten ein, durch die Daten Bedeutungsgehalt erhalten und damit zu Information werden.5

  • Kontextualisierung
    Anhand der Daten ist ersichtlich, warum sie beschafft wurden; die Daten können in einen Kontext gestellt werden.
  • Kategorisierung
    Aus den Daten ist abzulesen, zu welchem System oder welcher Komponente die Daten gehören; die Daten können eingeordnet werden.
  • Kalkulation
    Die Daten können mathematisch analysiert oder statistisch ausgewertet werden.
  • Korrektur
    Anhand der Daten sind Fehler erkennbar und können beseitigt werden.
  • Komprimierung
    Die Daten stellen einen größeren Zusammenhang in knapper Form dar.

Hier findet sich auch ein Statement von Davenport und Prusak zur Automatisierung der Generierung von Information, das gerade im Rahmen dieser Arbeit spannend ist: „Computer mögen ihren Beitrag zu einer solchen Aufwertung und Umwandlung von Daten zu Informationen leisten, aber bezüglich der Kontextualisierung können sie kaum etwas ausrichten und auch bei der Kategorisierung, Kalkulation und Komprimierung bedarf es gewöhnlich eines menschlichen Eingriffs.”6 Wie wir sehen werden, versucht gerade das Semantic Web, aus „Dokumenten” „Daten” zu machen, d.h sie durch Maschinen (Computer) lesbar und interpretierbar zu machen. Auch in den im empirischen Teil durchgeführten Befragungen wurde diese Aussage durchaus kontroversiell diskutiert. Weiters sehen wir, dass Computer und damit Informationstechnologien auf der Ebene der Bereitstellung von Information gesehen werden und ihnen keine darüber hinausgehende Funktion „zugetraut” wird.

Bei der Definition von Wissen weisen Davenport und Prusak wie schon in verschiedenen anderen Definitionen noch einmal speziell darauf hin, dass sie keine exakte Definition von Wissen machen können und wollen. Ihre Arbeitsdefinition: „Wissen ist eine fließende Mischung aus strukturierten Erfahrungen, Wertvorstellungen, Kontextinformationen und Fachkenntnissen, die in ihrer Gesamtheit einen Strukturrahmen zur Beurteilung und Eingliederung neuer Erfahrungen und Informationen bietet. Entstehung und Anwendung von Wissen vollziehen sich in den Köpfen der Wissensträger. In Organisationen ist Wissen häufig nicht nur in Dokumenten oder Speichern enthalten, sondern erfährt auch eine allmähliche Einbettung in organisatorische Routine, Prozesse, Praktiken und Normen.”7

Ähnlich wie in der Definition von Probst halten Sie fest, dass nur Menschen die Umwandlung von Information zu Wissen durchführen können, und führen wiederum in diesem Fall vier Möglichkeiten ein, wie das durchgeführt werden kann.8

  • Komparation
    Anhand der Information wird versucht, ein Vergleich zu ähnlichen Situationen zu ziehen und so die Situation einzuschätzen.
  • Konsequenz
    Anhand der Information werden Entscheidungen getroffen und Handlungen ausgeführt.
  • Konnex
    Anhand der Information wird ein Kontext zu verschiedenen „Wissenselementen” hergestellt.
  • Konversation
    Anhand der Information wird durch Gespräche mit anderen Leuten die eigene Wissensbasis erweitert.

Scheinen die zuvor angeführten Möglichkeiten zur Generierung von Information noch recht klar, so sind die hier angeführten Möglichkeiten zur Umwandlung von Information zu Wissen schon viel weniger einleuchtend. Sind „Komparation“, „Konsequenz“ und „Konnex“ noch nachvollziehbar, geht „Konversation“ doch schon deutlich in eine andere Richtung oder über die Umwandlung von Information in Wissen durch ein Individuum hinaus.

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Das Kontinuum von Daten und Information zum Wissen (Probst 1998, S. 36)

Alle Versuche einer strengen Trennung von Daten, Information und Wissen scheinen schließlich doch etwas willkürlich. Probst, von dem schon die oben erwähnte Wissensdefinition stammt, gibt schließlich eine Empfehlung: „Statt einer strengen Trennung von Daten, Information und Wissen vorzunehmen, scheint die Vorstellung eines Kontinuums zwischen den Polen Daten und Wissen tragfähiger zu sein.“9 Aus dieser Sicht würde sich auch die Frage, ob nun „Daten“, „Information“ oder „Wissen“ technologisch festgehalten werden kann, erübrigen.

  1. ^ North 2005, Seite 33ff.
  2. ^ Probst 1998, Seite 44
  3. ^ Davenport 1998, S. 27-28
  4. ^ Davenport 1998, S. 29
  5. ^ Davenport 1998, S. 30
  6. ^ Davenport 1998, S. 31
  7. ^ Davenport 1998, S. 32
  8. ^ Davenport 1998, S. 33
  9. ^ Probst 1998, S. 37